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Edeldruckverfahren Cyanotypie

Ende Januar 2020 besuchte ich einen Cyanotypie-Workshop von Karl H. Warkentin. Schon während des Kurses spürte ich dieses gewisse Prickeln, das mich erfüllt, wenn etwas mich sehr reizt. Trotzdem dauerte es beinahe ein ganzes Jahr, bis ich endlich die Zeit fand, mich diesem erfreulichen Nervenkitzel wieder zu nähern. Aber zuerst ein wenig Geschichte:

Die Cyanotypie ist eines der ältesten, fotografischen Verfahren und wurde 1842 von Sir John Herschel, einem britischen Universalgelehrten, entdeckt. Auf Papier aufgetragene Eisensalze reagieren mit UV-Licht und bilden so ein Negativ oder den Schattenriss eines Gegenstands detailgetreu ab. Später wurde es häufig zum Vervielfältigen von technischen Zeichnungen angewendet.

Dass dieses Edeldruckverfahren bei Künstlern und Fotografen bis heute nicht in Vergessenheit geriet, verdanken wir der ersten, weiblichen Fotografin und Botanikerin, Anna Atkins. Ihr Vater war mit Sir John Herschel befreundet und so kam Atkins sehr früh in den Genuss der relevanten Information. Möglicherweise hat sie das Verfahren sogar in Herschels Haushalt erlernt. Sie begann ihr Herbarium an Algen und Farnen mit Hilfe der Cyanotypie abzubilden und bewies dabei eine überaus poetische und künstlerische Ader. Ab 1843 veröffentlichte sie ihre Bilder und fasste sie bis 1853 in einer dreibändigen, wissenschaftlichen Anthologie zusammen.

Für mich kam an Weihnachten 2020 der langersehnte Moment: ich beschichtete meine ersten Blätter mit den lichtempfindlichen Chemikalien. Schon dieser Prozess ist ausgesprochen interessant, da man über die Form und Art des Auftrags das spätere Aussehen des Bildes stark beeinflusst. Verschiedene Papiere in unterschiedlicher Struktur und Stärke standen mir zur Verfügung. Und dann begann ich zu belichten und zu entwickeln…

Nach ein paar Stolperern zu Anfang entstand eine, für mein Empfinden erfolgreiche, experimentierfreudige und erfrischend unperfekte Sammlung von meist recht kleinen Drucken. Ihnen alle zu zeigen würde den Rahmen sprengen. Aber ein paar Ergebnisse habe ich für Sie herausgefischt. Schon lange interessieren mich alternative Drucktechniken und ich habe das Gefühl, dass ich hier noch nicht fertig bin. Um es mit Christopher James zu sagen: „Cyanotypie is the proverbial ‚first kiss‘ that sinks the hook and makes us fall in love with all of the possibilities to come with alternative process image making.“

Dazu kann ich nur sagen: Möge der Himmel mir Zeit schenken...

(Quelle: “Christopher James, Alternative Photographic Processes”, des Weiteren: “Marlis Maehrle, Blaue Wunder“)